Über 600’000 kleinere und mittlere Unternehmungen bilden das Rückgrat unserer Schweizer Wirtschaft. 90’000 von ihnen mit 500’000 Mitarbeitenden stehen kurz vor der Übergabe. Die Zukunft dieser Betriebe hängt ab von einer gelingenden Nachfolgeregelung. Die Gestaltung von Nachfolgeprozessen gehören deshalb zu den anspruchsvollsten Aufgaben im Unternehmerleben.
Damit dies gelingen kann, sind gemäss unserer langjährigen Begleitung unterschiedlichster Betriebe in Nachfolgeprozessen die in diesem Artikel aufgeführten Aspekte sehr wichtig. Weiter haben wir gesehen, dass eine externe Begleitung in diesem Prozess enorm wichtig ist. Bei der Übergabezeremonie eines Unternehmens haben die Beteiligten uns folgendes gesagt: «Wir sind so dankbar, dass ihr uns so gut durch diesen komplexen Prozess geführt habt. Besonders haben wir die Kombination von menschlicher und sachlicher Kompetenz geschätzt.» Gerne begleiten wir auch Sie in Ihrer Nachfolgeregelung.
Frühe Überlegungen im Unternehmerleben
Schieben Sie die Erwartungen auf eine Entschädigung Ihrer persönlichen Aufopferung für den Betrieb, den Lohn für alle Arbeitsabende und Extra-Samstage nicht in Form eines hohen Verkaufspreises auf Ihre Nachfolger:
- Machen Sie sich frühzeitig Gedanken über Ihre finanziellen Bedürfnisse nach der Firmenübergabe.
- Stellen Sie danach sicher, dass nach einer Betriebsübergabe eine Fortführung Ihres Lebensstandards möglich ist. Dies durch einen angemessenen Lohn und Anpassungen Ihrer ersten, zweiten und allfällig dritten Säule.
- Arbeiten Sie darauf hin, dass Ihre Unternehmung zum Zeitpunkt der Nachfolge möglichst «schlank» ist.
- Identifizieren Sie nichtbetriebsnotwendige Mittel und überführen Sie sie in Ihre Vorsorge-Gefässe oder Ihr Privatvermögen.
- Prüfen Sie mehrere Jahre vor dem Übergabe-Termin, ob Sie durch eine rechtliche Abtrennung von Immobilien die Nachfolgeregelung vereinfachen können und ob zukünftige Mieteinnahmen ein Bestandteil Ihrer Altersvorsorge sein könnten.
Persönliche Vorstellungen frühzeitig im Nachfolge-Prozess formulieren
Bringen Sie als abtretende Generation früh im Prozess Ihre Vorstellungen zu Papier. Stellen Sie während des gesamten Prozesses sicher, dass diese Kriterien immer wieder als Leitlinien verwendet werden:
- Bis wann und mit welchem Arbeitspensum wollen Sie arbeiten? Wann ist der früheste Zeitpunkt und wann der späteste Zeitpunkt einer Firmenübergabe?
- Sollen operative Verantwortung und finanzieller Besitz gleichzeitig oder gestaffelt übergeben werden?
- Welche Priorität hat eine familieninterne Nachfolge gegenüber einem Verkauf an Mitarbeitende oder an den Meistbietenden?
- Geht es bei einer familieninternen Nachfolge um Vererbung, Schenkung oder Verkauf?
- Erwarten Sie, dass der Kaufpreis auf einmal bezahlt wird oder sind Sie bereit, ein Darlehen zu gewähren, welches in Jahresraten aus zukünftigen Gewinnen abbezahlt wird?
- Sollen nur operativ tätige Personen Inhaber sein können oder auch nicht involvierte Personen?
- Welches sind die Kriterien, damit Sie die Nachfolgeregelung 5 Jahre später als erfolgreich bezeichnen würden?
KMU-Nachfolgeregelungen sind umfassend
Wenn wir von jahrelangen Prozessen sprechen, geht es nicht um Konzerne, die innerhalb von kurzer Frist eine KMU aufkaufen oder ihre CEOs heuern und feuern. Während in der Regel bei diesen kurzfristigen Führungswechseln in Konzernen der Verwaltungsrat und das Aktionariat stabil bleiben, geht es in Nachfolgereglungen in KMUs um eine Nachfolge in allen Bereichen: Führung, Verwaltungsrat und Aktionariat.
Zeitliche Reserven schaffen – auch für unvorhergesehene Entwicklungen
Nachfolgeregelungen, die wir begleiten, dauern zwischen 2-7 Jahren, manchmal sogar länger.
Nachfolgeprozesse verlaufen oft auch nicht nach Plan. Einzelne Prozesse, die wir begleiten, haben sich durch persönliche Lebenskrisen, Krankheit, unerwartete familiäre Entwicklungen oder auch durch mehrfache Veränderungen in Übernahmeteams um Jahre verzögert. Die Vorbereitung auf eine Führungsrolle einschliesslich entsprechender Weiterbildungen wie auch regelmässige Gespräche und Standortbestimmungen erfordern Zeit.
Die Begleitung des Individuums als «innere Linie» der Nachfolgeregelung
Im Idealfall stehen nach einer Nachfolgeregelung berufene, versöhnte, befähigte und bevollmächtigte Menschen in neuen Rollen und Verantwortungen. Folgende Schritte tragen zur Erreichung dieses Ideals bei:
- Treffen Sie eine vertiefte und ergebnisoffene Abklärung der Berufung unter Einbezug allfälliger Partnerinnen oder Partner.
- Erwarten Sie, dass beide Generationen zur festen Überzeugung gelangen, wer die «richtigen» Nachfolger sind und drängen Sie niemanden zur Nachfolge.
- Sollte «Sand im Getriebe» sein und Betroffene sich reiben, dann halten Sie inne und suchen Sie Versöhnung.
- Planen Sie die Befähigung sorgfältig und ziehen Sie einen stufenweisen Rollenwechsel zwischen der abtretenden und antretenden Generation in Betracht.
- Statten Sie die Nachfolger mit der nötigen rechtlichen und informellen Kompetenz aus.
- Sehen Sie für die Nachfolger während den Monaten nach der Übernahme regelmässige Besprechungen mit einem Mentor vor.
Die Überführung einer Unternehmung als «äussere Linie» der Nachfolgeregelung
Pflegen Sie Ihre Unternehmung als «Objekt der Übernahme» und stellen Sie mit folgenden Schritten eine grösstmögliche Klarheit sicher:
- Klären Sie Vision, Mission und Werte Ihrer Unternehmung und halten Sie sie schriftlich fest.
- Erarbeiten Sie mehrere Nachfolge-Szenarien und definieren Sie die Reihenfolge, in derer die Umsetzung der einzelnen Szenarien verfolgt und ergebnisoffen geprüft werden soll.
- Sollten sich unterwegs bei Ihnen oder potentiellen Nachfolgern die Prioritäten, Visionen und Betrachtungsweisen ändern, nehmen Sie dies bewusst wahr und machen es zum Thema.
- Erwarten Sie, dass im Falle eines Nachfolge-Teams die Rollen und Verhältnisse unter den Team-Mitgliedern geklärt sind. Geben Sie dieser Klärung die nötige Zeit und Unterstützung.
- Gehen Sie die finanziellen und rechtlichen Aspekte erst an, wenn das finale Szenario feststeht.
Bewusste Gestaltung des Nachfolgeprozesses – Einbezug der Beteiligten
Beziehen Sie im Gespräch zwischen der abtretenden und der antretenden Generation folgende Aspekte ein:
- Stellen Sie regelmässig die Frage, wie es allen im Miteinander geht.
- Geben Sie bei Bedarf den nötigen Raum und die erforderliche Unterstützung zur Klärung von Beziehungen, zur Versöhnung und zu Stärkung des gegenseitigen Vertrauens.
Beziehen Sie folgende Personengruppen zwingend in direkten Gesprächen ein:
- direkte Nachkommen, deren Beteiligung nicht vorgesehen wird
- Partner oder Partnerinnen der konkreten Nachfolger
- tragende Mitarbeitende
Informieren Sie folgende Betroffene transparent und je nach dem auch laufend:
- alle Mitarbeitenden
- wichtige Kunden
- wichtige Lieferanten
- weitere Geschäftspartner
- die Geschäftsbank
Richtlinien und Gedanken zur finanziellen Regelung und Einigung
Ihnen als abtretende Generation empfehlen wir folgende Überlegungen und Schritte:
- eine möglichst frühzeitige Verschlankung des Unternehmens
- eine vorgezogene Abgeltung der Aufbau-Arbeit oder das bewusste Loslassen der Erwartungen an eine solche Abgeltung
- Was wäre ich bereit, für ein solches Unternehmen zu bezahlen?
- Welcher Verkaufspreis schwebt mir vor? Lassen Sie dazu eine Unternehmensbewertung machen.
Als potentielle Nachfolger stellen Sie sich folgende Fragen:
- Wie sieht der realistische und nachhaltige Jahresgewinn der Unternehmung aus? Zur Klärung dieser Fragen brauchen Sie die Jahresabschlüsse der letzten Jahre und realistische Zukunftsbudgets.
- Über wie viele Jahre sind Sie bereit, die Gewinne zur Abzahlung an die Vorgänger abzutreten?
- Wie kann der Kaufpreis finanziert werden?
Aus den beiden Betrachtungsweisen wird in Verhandlungen ein Kompromiss gesucht.
Bewusste und sichtbare Gestaltung der Unternehmens-Übergabe
Der Übergang einer Firma von einer Generation an die andere ist in der Regel ein einmaliges Ereignis im Leben der Beteiligten. Nehmen Sie deshalb diesen Schritt bewusst und öffentlich vor:
- Beziehen Sie die Familien der abtretenden und antretenden Generation sowie die Mitarbeitenden ein.
- Informieren Sie die Lokalpresse oder inserieren Sie selbst.
- Schreiben Sie an Ihre Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner.
- Überreichen Sie als Zeichen des bewussten Wahrnehmens eines historischen Schritts auch symbolische Geschenke und drücken Sie gegenseitige Wertschätzung aus.
- Überlegen Sie, ob es angebracht wäre, für die antretende Generation und ihre Mitarbeitenden ein Segnungs-Gebet zu sprechen.
- Finden Sie eine Form, in der auch die Belegschaft sich hinter die neue Unternehmensführung stellen und dieser ihre Unterstützung zusprechen kann.
Möge die Nachfolge in Ihrer Unternehmung oder Organisation langfristig gut gelingen!
Für weitere Auskünfte und allfällige Begleitung in Nachfolgeprozessen stehen wir Ihnen als Team der vita perspektiv gerne zur Verfügung.